Geile Worte

Für Freunde sozialpornographischer Formulierungen sicher ein gefundenes Fressen,
ein "echt geiles Wort": "Entlassungsproduktivität".

"Entlassungsproduktivität" wurde zum 'Unwort' des Jahres gewählt.
Zurecht. Menschen die solche Begriffe in ihrem täglichen Arbeitsalltag integriert haben, die es möglicherweise sogar erfunden haben, Menschen die "Entlassungsproduktivität" mit jener Selbstverständlichkeit handhaben, wie etwa ein Kellner sein Tablett trägt, wie viel Würde haben die (noch)? Was haben die gelernt und von wem? Hatten die jemals Würde? Was müssen die erlebt haben oder was muss denen fehlen?

Einmal ganz davon abgesehen, dass eine solche menschenverachtende Geschmacklosigkeit, Stillosigkeit erster Güte ausdrückt, ist diese Wortschöpfung einfach hirnloser Unsinn. Das Wort Produktivität läßt darauf schliessen, dass etwas Neues geschaffen, eben produziert wird. Mit Entlassungen wird aber nichts produziert, nichts geschaffen. Vielmehr wird vernichtet. Ressourcen, Solidarität, Sicherheit, Produktivkraft, Konsumkraft, Kultur etc.
Wer das mit Produktivität (anstatt Destruktivität) in einen Sinnzusammenhang stellt, denkt wohl nicht nur pervers im lateinischen Wortsinn von verdreht, verkehrt.
Wer "Entlassungproduktivität" betreibt oder vertritt, zeigt nicht nur marktschreierisch welch' Geistes Kind er/sie ist, der disqualifiziert sich doch auch selbst völlig. Wie arm an Geist, wie arm an Ideen muss man denn sein, wenn man Gewinne nicht mehr durch Arbeitsproduktivität und Innovation erwirtschaftet sondern durch das bloße Einsparen von Kosten?
Und mir ist klar, dass das nicht erst bei "Entlassungsproduktivität" beginnt. Viel eher scheint das der eigentliche und oft einzige Kern der "Erbsenzählermentalität" einer ganzen Generation von Controlern, Marketingassistenten, Betriebswirten, Consultants etc. zu sein. Willfährige Erfüllungsgehilfen einer Kaste von Shareholdern, deren überproportional hohe Einkünfte aus nicht produktivem Einkommen, lukriiert aus der strategischen Verminderung ja Vernichtung vieler Millionen produktiver Einkommen, besteht.

Ich behaupte nicht, dass alle Menschen dieser Berufsgruppen, in diese Kategorie zu zählen wären. Auch dort gibt es Menschen die Ihre Fachkompetenz noch mit Fantasie, visionärer Innovationskraft, mit Rückgrat und Werten vervollständigen, um nicht das altmodische Verb veredeln zu gebrauchen. Menschen die anstatt Destruktivität Konstruktivität besitzen, ein Wort, das nicht umsonst eng verwandt mit Produktivität ist. Die rasend schnell voranschreitende, erfolgreiche globale Umverteilung von unten nach oben zeigt jedoch, dass es nicht nur wenige Ausnahmen sein können.

Wie wär's also mit der Entwicklung einer aussagekräftigen Messgröße für Arbeitsprodukivität und Innovationskraft von Management-, Controling- und ähnlich positionierten Jobs? Eines "Stakeholdervalue-Index" sozusagen.
Ganz im Geiste obiger Wortschöpfung würde ein solcher Wert sicher bald einen klingenden Namen tragen wie zum Beispiel MKM (manager killing marker), am besten gespeichert als einstellungsrelevanter Index in den Personalportfolios von "Spitzenkräften" bei allen namhaften Headhuntern. Vielleicht würde sich ja rasch zeigen, dass ein solcher MKM, im Personalmanagement großer Konzerne, konsequent umgesetzt, ein ähnlich "attraktives Produktivpotential" wie die massenhafte Entlassung von Arbeitern und Angestellten beinhaltet und das mit quantitativ viel geringerer Ressourcenvernichtung.

Gut möglich, dass unsere krank gejammerten und krank gesparten Volkswirtschaften in Mitteleuropa ebenso, wie die Wirtschaftsunternehmen gesünder und konkurrenzfähiger da stünden, wenn "Manager Killing Marker" das Unwort des Jahres wäre. Jedenfalls würden Unternehmen ihren Namen wieder verdienen, wenn sie anstatt Gewinnmaximierung durch Destruktion wieder Gewinne machten, weil sie von
arbeitsproduktiven, innovativen und von Werten motivierten Menschen mit Rückgrat und Risikobereitschaft (das alles beinhaltet unternehmen nämlich) geführt, geleitet und kontrolliert würden und nicht wie geschlagene Hunde mit eingekniffenen Schwänzen, demütig und willig jedem perversen Shareholderinteresse bedingungslos folgten.

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